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Steuerrecht Schloss Nordkirchen e.V.

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(online-) Vortrags-
Veranstaltung 30 - 28.09.2021

Quo Vadis Finanzverwaltung NRW?

Es war eine ganz besondere Gelegenheit, die sich den über 500 online teilnehmenden Gästen am 29.09.2021 im Rahmen der 30. Vortragsveranstaltung des Forums Steuerrecht Schloss Nordkirchen bot: Herr Oberfinanzfräsident Werner Brommund (OFD NRW), Frau Finanzpräsidentin Marion Michaelis (OFD NRW) und Herr Finanzpräsident Thomas Waza (OFD NRW) referierten gemeinsam zu den großen aktuellen Themen und zur Zukunft der Finanzverwaltung.

Prof. Dr. Christoph Uhländer, 1. Vorsitzender des Forums Steuerrecht, bedankte sich zum Auftakt der Veranstaltung herzlich bei den drei Vortragenden, dass sie sich die Zeit genommen haben, an diesem Nachmittag gemeinsam "live" aus Nordkirchen ihren Blick auf die großen Herausforderungen der Finanzverwaltung mit den Zuhörern zu teilen. Die beeindruckende Anzahl der Teilnehmer aus Verwaltung, Rechtsprechung und den steuerberatenden Berufen zeige, wie überaus groß das Interesse daran sei.

Wieviel Steuerrecht braucht die Finanzverwaltung noch und welche Bedeutung haben die anderen Bereiche Organisation, IT und Personal? Mit dieser immer wieder aufkommenden Frage startete Oberfinanzfräsident Werner Brommund in den Nachmittag und stimmte die Zuhörer humorvoll ein mit einem Zitat frei nach Loriot: "Ein Leben ohne Steuerrecht in der Finanzverwaltung ist möglich aber sinnlos..". Gleichzeitig betonte er aber, die Finanzverwaltung sei eine Auftragsverwaltung, an der alle gemeinsam an einem Werkstück arbeiten: an der Festsetzung und Erhebung der Steuern. Das Arbeiten am Steuerrecht stelle deshalb keine eindimensionale, sondern eine mehrdimensionale Aufgabe dar. Die steuerliche Sprechfähigkeit der Verwaltung sei hierbei ein wichtiger Baustein. Das neue Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) sei ein gutes Beispiel dafür, dass eine intensive Auseinandersetzung mit dem Steuerrecht unerlässlich bleibe. Bei dieser Gelegenheit wies Herr Brommund anhand aktueller Zahlen darauf hin, dass bei der Wahl der Gesellschaftsformen die Kapitalgesellschaften seit Jahren klar auf dem Vormarsch sind. Was nun aufgrund des KöMoG zu erwarten sei, d.h. wie oft das Optionsmodell gewählt werde, wisse man allerdings noch nicht.

Mit diesen einleitenden Worten übergab Herr Brommund den "Stab" an den steuerrechtlichen Fachmann und Leiter der Steuerabteilung der OFD NRW Finanzpräsident Thomas Waza, der außerordentlich kompetent die großen fachlichen Herausforderungen erläuterte, die mit dem neuen KöMoG verbunden sind. Dies sei Steuerrecht am Hochreck! Um zu ermitteln, wo die Hauptproblemfelder liegen, lasse sich die OFD - wie auch schon bei anderen Systemwechseln - alle verbindlichen Auskünfte zu dem Thema vorlegen. Anhand einer typischen Fallkonstellation verdeutlichte Herr Waza anschaulich einige zentrale Fragestellungen und zeigte erste rechtliche Tendenzen aus Sicht der OFD auf. Zugleich betonte er, dass das zu erwartende BMF-Schreiben hoffentlich alsbald Rechtssicherheit bringen werde, insbesondere für Berater, die ihrer Mandantschaft kurzfristig entsprechende Empfehlungen geben müssen (Hinweis: Das BMF-Schreiben zu § 1a KStG ist inzwischen veröffentlicht: BMF, Schreiben v. 10.11.2021 - IV C 2 - S 2707/21/10001 :004).

Prof. Uhländer unterstrich dies ausdrücklich und wies darauf hin, das gesamte bisherige Koordinatensystem im Bereich der Personengesellschaften gerate durch das neue KöMoG aus den Fugen und der Umgang mit den dadurch entstehenden Problemen sei deshalb für alle Beteiligten ein "gefahrgeneigtes" Thema.

Nach der Pause übernahm Finanzpräsidentin Marion Michaelis, Leiterin der Zentralabteilung der OFD NRW, das Vortrags-Zepter. Steuerrechtliche Problemfelder - wie z.B. das KöMoG - lassen sich nicht ohne eine leistungsfähige Organisation und Informationstechnik bewältigen, machte sie gleich zu Beginn deutlich. Leitlinie innerhalb der OFD sei eine ganzheitliche Betrachtung solcher Themen, d.h. ein abteilungsübergreifendes Denken und verzahntes Arbeiten. So würden die Finanzämter gezielt bei der Bewältigung ihrer Aufgaben unterstützt, z.B. durch Fortbildungen, Checklisten und Arbeitshilfen.

Nächster Baustein des vielseitigen Nachmittags war die Steuerung des Massengeschäfts in der Veranlagung, insbesondere für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020. Herr Brommund richtete in diesem Zusammenhang zunächst einen besonderen Dank an die vielen Unterstützer und Unterstützerinnen aus allen Bereichen, die es durch ihren Einsatz möglich gemacht haben, die Leistungsdaten in den Finanzämtern trotz der Corona-Krise zum Teil noch zu verbessern. Damit das Veranlagungsgeschäft auch zukünftig gut gelinge, arbeiteten alle drei Abteilungen der OFD zusammen mit dem Ministerium des Landes NRW daran, die Abgabe der Steuerklärungen und damit den Arbeitsaufwand in den Finanzämtern sinnvoll zu steuern und dabei zugleich der Corona-bedingt hohen Belastung der steuerberatenden Berufe gerecht zu werden. Verlängerte Abgabefristen, Bereitstellung von Prognoseberechnungen für jedes Finanzamt, monatliche Auswertungen und Analysen sowie Informations- und Beratungsgespräche mit den einzelnen Finanzämtern sollen dies möglich machen.

Ein besonders heikles und schwieriges Thema ist der große Bereich "Cum-Ex". Alle Beteiligten sind in dieser Sache darauf bedacht, sorgfältig zu agieren und keine Fehler zu machen, betonte zum Einstieg Oberfinanzpräsident Werner Brommund. Verzahntes Arbeiten und eine gute Kommunikation mit den beteiligten Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden seien hier von herausragender Bedeutung. Was sich im Einzelnen rechtlich hinter dem Begriff "Cum-Ex" verbirgt und wie die Finanzverwaltung diese Herausforderung in der Praxis bewältigt, erläuterte anschließend Finanzpräsident Thomas Waza. Koordinierungsstelle für alle Fragen rund um Cum-Ex ist das neu gegründete Spezialreferat St 42b der OFD NRW. Insgesamt seien derzeit 57 Personen allein in der Finanzverwaltung im Bereich Cum-Ex tätig. Diese arbeiten eng mit den Staatsanwaltschaften, der Polizei und weiteren beteiligten Behörden zusammen, u.a. in Form gemischter "Task Forces". Die Schaffung zusätzlicher Stellen habe dies möglich gemacht.

Eine ganz große Herausforderung der nächsten Jahre ist schließlich die neue Grundsteuerreform. Herr Brommund, Frau Michaelis und Herr Waza nahmen die Zuhörer gemeinsam - jeweils aus ihrer aufgabenspezifischen Perspektive - mit auf die "Reise der Grundsteuerreform". Begonnen hat sie mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts im April 2018, wonach die Einheitsbewertung ab dem Bewertungsstichtag 01.01.2002 verfassungswidrig ist, begonnen. Dies war der Startschuss für die neue Grundsteuerreform. Am 26.11.2019 ist dann das neue Grundsteuerreformgesetz verkündet worden. Die Hauptfeststellung der neuen Grundsteuerwerte erfolgt zum Stichtag 01.01.2022, die dementsprechend ermittelten Grundsteuermessbeträge gelten ab dem 01.01.2025. Bundesweit sind ca. 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten zu bewerten, wovon ca. 6,6 Millionen Einheiten allein auf Nordrhein-Westfalen entfallen. Die jeweiligen Steuererklärungen sind bis zum 31.10.2022 abzugeben. NRW hat sich bei der Frage, wie der Grundsteuerwert nach der Reform 2019 zu ermitteln ist, für das sogenannte Bundesmodell entschieden. Am Ende der Reform-Reise wird die Festsetzung der Grundsteuer durch die Kommunen stehen, die insgesamt aufkommensneutral sein soll. Auch wenn der vorgesehene Zeitplan außerordentlich ambitioniert ist, soll die Umsetzung möglichst bürgerfreundlich und zugleich auch praktikabel für die Finanzämter gestaltet werden. Sehr informative Einzelheiten zur Grundsteuerreform (einschließlich eines detaillierten Berechnungsbeispiels) sowie weitere Informationen zu den anderen Themenbereichen des Nachmittags finden sich in der begleitenden PPT-Präsentation der drei Vortragenden, die auf der Website des Forums Steuerrecht zum Download zur Verfügung steht.

Zum Abschluss formulierte Herr Brommund noch eindringlich den Wunsch an den Gesetzgeber in Berlin, bei den zukünftigen Gesetzesvorhaben immer auch den Gesetzesvollzug mit im Blick zu haben, damit Finanzverwaltung, Rechtsprechung und die Angehörigen der steuerberatenden Berufe gleichermaßen in der Lage sind, die Gesetze sinnvoll umzusetzen!

So ging ein außerordentlich interessanter Vortragsnachmittag zu Ende, der durch den "fliegenden Wechsel" der drei Vortragenden nicht "nur" sehr informativ, sondern auch besonders abwechslungsreich und kurzweilig war. Prof. Uhländer bedankte sich mit herzlichen Worten bei den Vortragenden. Außerdem richtete er einen großen Dank an die Kolleginnen und Kollegen in der IT-Stelle der HSF Nordkirchen, mit deren Hilfe auch diese Online-Veranstaltung des Forums wieder vollkommen reibungslos durchgeführt werden konnte. Abschließend wies er auf den an der HSF Nordkirchen neu gegründeten Verein "Institut für internationales Steuerrecht e.V." hin, der zukünftig ebenfalls interessante Vortragsveranstaltungen in Nordkirchen anbieten wird.

 

 

 

 

 

Schwerpunktthema:

Begrüßung:

Prof. Dr. Christoph Uhländer
HSF NRW - 1. Vorsitzender FORUM Steuerrecht

Thema:

Steuervollzug in der Finanzverwaltung NRW

  • Wie viel Steuerrecht kann und braucht die Finanzverwaltung noch?
  • Fachwissen oder Verwaltungsmanagement - quo vadis Finanzverwaltung NRW?

Themen:

Grundsteuerreform (organisatorisches und digitales Umsetzungskonzept).

Steuerung des "Massengeschäfts" in der Veranlagung(VZ 2019/2020).

Cum Ex (Wie bewältigt die Finanzverwaltung diese Herausforderung?)

Weitere aktuelle Entwicklungen aus Sicht der Finanzverwaltung NRW.

 

Download Powerpoint-Präsentation als PDF

Referenten:

Frau Finanzpräsidentin Michaelis (OFD NRW)

Herr Finanzpräsident Waza (OFD NRW)

Herr Oberfinanzpräsident Brommund (OFD NRW)

Ort:

Online-Übertragung

Zeit:

Dienstag, 28.09.2021

Herr Oberfinanzpräsident
Werner Brommung

OFD NRW  

Herr Finanzpräsident
Thomas Waza

OFD NRW

Frau Finanzpräsidentin
Marion Michaelis

OFD NRW